Eine Millionen Elektroautos auf die Busspur?
Die Bundesregierung will, dass die, die sich einen Hybrid-Wagen leisten können, die Busspur benutzen. Es sollen sogar eine Millionen Elektroautos plus x Hybride die Busspur nutzen. Wie soll das denn gehen? Werden jetzt vierspurige Bundesstraßen konsequent in Busspur (hochwertige Autos und Busse) links und Normalspur (ältere Autos und LKWs) rechts aufgeteilt? Ist das der ökologische Gedanke, dass die, die sich „eingebaute Vorfahrt“ kaufen, nun freie Fahrt zum Rasen haben?
Abgesehen vom quantitativen Ziel: Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in der Praxis funktioniert, dass einige bessere Autos eine Spur benutzen und die anderen geduldig im Stau stehe bleiben. Viel eher vermute ich dadurch eine endgültige Abschaffung des Vorrangverkehrs ÖPNV. Das sähe der Bundesregierung ähnlich.
Die in den USA übliche Regel, dass ab einer bestimmten Zahl an Passagieren eine Spur für Fahrgemeinschaften genutzt werden kann, ist sinnvoll. Die Busspur mit Hybrid-SUVs zumüllen ist es nicht. Echt, liebe Bundesregierung, gibt es eine blödere Idee?
Ja gibt es: Die Abwrackprämie war noch bescheuerter und hat die Entwicklung hin zu nachhaltigerem Verkehr um Jahre zurückgeworfen. Dobrindts PKW-Maut ist natürlich unübertroffen. Und überhaupt scheint die aktuelle Bundesregierung nur Scheiß-Ideen im Verkehrsbereich zu haben: Man sieht die Verkehrsinfrastruktur zerfallen, und was tut die Bundesregierung: Sie kündigt statt der zuvor versprochenen 28,8 Milliarden Euro triumphierend 5 Milliarden zusätzliche Mittel an, von denen es dann aber 6,7 Milliarden gar nicht gibt. Sind also 1,7 Milliarden weniger als vorher.
Erhalt vor Neubau ist so nur ein Lippenbekenntnis und selbst das denkt nur an Autobahnen und ignoriert Wasserstraßen, die Schiene (da passiert ja eh nix, also können wir es ruhig erneut aufschieben) und vor allem den ÖPNV. An den ÖPNV denkt die Bundesregierung gar nicht. Fast alle ÖPNV-Mittel in NRW sind Gelder des Bundes und diese schrumpfen seit Jahren effektiv. Regionalisierungsmittel, Entflechtungsmittel.. alles kann warten. Die Verkehrswende kann warten. Sie ist zwar eine klimapolitische, soziale und vor allem finanzielle Notwendigkeit, aber „weiter so“ funktioniert bestimmt noch bis zum Ende der Legislaturperiode. So schnell wird die Infrastruktur schon nicht wegbröckeln, sollen doch erst einmal die Kommunen ihr Geld investieren. Was in den 70ern richtig war, kann heute nicht falsch sein.
Welche Bundesregierung braucht schon eine vernünftige Verkehrspolitik, wenn sie tolle Ideen für die notleidende deutsche Autoindustrie hat. Die kann ja nichts dafür, dass sie verschlafen hat und auf „weiter so“ setzte, als Toyota bereits wirtschaftliche Erfolge mit dem Elektrohybrid Prius sammelte. Sie kann wirklich nichts dafür. Das „Weiter so“ wurde ja durch Abwrackprämie und andere Zuwendungen der Bundesregierungen unterstützt. Da kann man doch jetzt die an Zuwendung gewöhnte Autoindustrie nicht einfach sich selbst überlassen – außer in Bochum und Düsseldorf natürlich, aber das hatte betriebswirtschaftliche Gründe.
Ich gebe übrigens zu, hier befangen zu sein. Ich nutze den ÖPNV oder CarSharing, aber auch das Familien-Auto: Es ist ein Toyota Prius Plus mit Elektro-Hybridmotor. Ich dürfte NICHT auf die Busspur. Zu einem Plug-in-Hybrid, der nicht konsequent aufgeladen ist, gibt es ökologisch gesehen keinen Unterschied. Doch deutsche Unternehmen denken halt an Absatzmärkte in anderen Preiskategorien.