Gefahren beim Verkauf städtischer Kindertageseinrichtungen
Diese Frage erreichte die Piratenpartei Düsseldorf:
„Ich habe eine Frage zur Haltung der Piraten in Düsseldorf: Wie steht die Partei zum Verkauf von Städtischen Tageseinrichtungen an freie Träger? Ich kann im Netz nichts darüber finden!!!??? :-(„
Ich möchte die Frage nutzen, persönlich dazu Stellung zu nehmen.
Die Piratenpartei und ihre Fraktion im Landtag NRW begleiten die Maßnahmen zum Ausbau der Kindertageseinrichtungen in Reaktion auf den Rechtsanspruch ab dem 1. August 2013 kritisch. Der Ausbau ist dringend notwendig und Mittel, welche ansonsten für die Zahlung von Betreuungsgeld vorgesehen wären, sind hier gut angelegt. Allerdings führen insgesamt knappe Ressourcen zur starken Verschlechterung der Qualität zugunsten der Quantität.
Derzeit gibt es nicht genug qualifiziertes Betreuungspersonal, ohne welches der Ausbau zu einem gefährlichen Experiment werden kann. Robert Stein, Abgeordneter der Piratenfraktion im Landtag NRW, prangerte in einer Pressemitteilung – auf Basis einer Kleinen Anfrage – die Verschleierung der unzureichenden KiTa-Finanzierung an.
Finanzielle Ressourcen entstehen nicht da, wo sie benötigt werden. Klamme Kommunen haben finanzielle Nachteile durch den KiTa-Ausbau: sie haben die Last der Betriebskosten zu tragen, während Einnahmen aus Steuer und Sozialversicherung anderen Töpfen zugutekommen. Ohne Rechtsanspruch hätten die Städte und Kommunen wenig Anreiz ihren Anteil zu tragen, doch gerade hier lauert eine weitere Gefahr: Die Städte fürchten eine Klagewelle.
Vor diesem Hintergrund möchte ich den Verkauf von städtischen Kindertageseinrichtungen betrachten: Es besteht die Gefahr, dass drohende Klagen das Handeln der Städte beeinflusst. Durch den Verkauf von Einrichtungen und ggf. der Eröffnung anderer KiTas an anderer Stelle verändern sich nicht nur Verantwortlichkeiten, es ändert sich auch die Zielgruppe der KiTas. Ersteres kann – z.B. durch den Verkauf an kirchliche Träger – den ungezwungenen, konfessionsungebundenen Zugang erschweren, wobei die Umstellung und das Problem darstellt, nicht der Träger an sich.
Zweiteres kann zu einer räumlichen Verlagerung der KiTa-Plätze führen. Beides kann begünstigen, dass klagewilligere Bevölkerungsgruppen bevorzugt werden. Was aus Sicht der Stadt wünschenswert klingt, wäre im Sinne sozialer Gerechtigkeit eine Katastrophe. Eine Klageandrohung – egal ob ausgesprochen oder als implizite Bedrohung – darf in keinem Fall Auswirkungen auf die Zuteilung von KiTa-Plätzen haben.
Sollte die Stadt mit ihren Verkäufen ihre eigenen Aktivitäten aus „sozialen Brennpunkten“ hin zu bessergestellten Vierteln verlagern, dann muss dies entsprechend hinterfragt werden.
Das ist jedoch nicht das einzige Problem beim Verkauf städtischer Kindertageseinrichtungen. Die rechtlichen Grundlagen für Mitarbeiter und Eltern können sich verschlechtern, Elternbeiträge steigen bzw. eingeführt werden. Das Grundkonzept ändert sich, sowohl beim Verkauf an kirchliche als auch andere Träger. Die Kontrolle durch den Stadtrat/Jugendhilfeausschuss entfällt. Soll, wie bei der Kindertagesstätte Carl-Friedrich-Goerdeler-Straße, das Personal komplett ausgetauscht werden, ergeben sich zwangsläufig zusätzliche Probleme.
Nicht alle Verkäufe von Kindertageseinrichtungen möchte ich schlechtheißen. Eventuell kann nur damit das Ziel erreicht werden, im nächsten Jahr für alle Kinder einen guten KiTa-Platz bereitzustellen. Hier wären dann die genauen Gründe der Verkaufsaktion interessant.
In Düsseldorf sehe ich die Veräußerungen jedoch auch in Verknüpfung mit den seit Dienstag öffentlich diskutierten (siehe NRZ, wz, RP) Sparvorschlägen im Sozialbereich. Der Verkauf gleich mehrerer KiTas und die womöglich insgeheime Verlagerung von KiTa-Plätzen wäre derzeit nicht nur lokal sozial fragwürdig, es wäre auch ein fatales Signal der reichen Stadt Düsseldorf an die armen Kommunen in NRW. Dabei sollte die Landeshauptstadt Düsseldorf als Vorbild auftreten.
mit Unterstützung von Nordpirat
und unter Einbeziehung eines Beitrags von Baldrick auf der Düsseldorfer Mailingliste.
Dankeschön!